- Text: Béatrice Koch
- Fotos: Béatrice Koch (Foto 1), zvg (Fotos 2 bis 4)
Kurzprofil
App «Enerjoy»
Erhältlich im App Store und Google Play Store
Enerjoy
c/o IWB Industrielle Werke Basel
Margarethenstr. 40
4002 Basel
Das Ergebnis ist ernüchternd: «Hätten alle deinen Fussabdruck, würde sich das Klima bis 2050 um 2,7 Grad erwärmen», verkündet der persönliche «Enerjoy»-Coach – und gibt gleich ein paar einfache Tipps, wie man den individuellen CO2-Ausstoss senken könnte: «bilde Fahrgemeinschaften, kaufe mehr saisonal, dusche kürzer». Und man denkt: So schwierig ist der erste Schritt zu mehr Nachhaltigkeit im Alltag gar nicht.
Mit der App «Enerjoy» – ein Kunstwort aus «Energie» und «Joy», also Freude – lancierte der Basler Energieversorger IWB im Juni 2020 einen persönlichen CO2-Footprint-Coach: Auf der Basis der Nutzerdaten analysiert das Programm, wie stark man das Klima belastet. Gleichzeitig zeigt die App Möglichkeiten zur CO2-Reduktion auf. Dabei gehe es nicht darum, mit dem Mahnfinger zu kritisieren, sagt Joël Baumgartner, der als Produktentwickler bei den IWB die Idee zur App hatte. «Wir sitzen ja alle im gleichen Boot. Der digitale Coach soll uns dabei helfen, in unserem Alltag Schritt für Schritt klimaneutral zu werden.» Die App richte sich in erster Linie an «Eco-Heroes», an Menschen also, die sich für Klimaschutz interessieren und gerne nachhaltiger leben möchten, aber nicht wissen, was sie dafür tun können.

«Die App richtet sich an Menschen, die gerne nachhaltiger leben möchten, aber noch nicht so recht wissen, was sie dafür tun können», sagt Joël Baumgartner, Mitentwickler von «Enerjoy».
Schon bei seiner früheren Tätigkeit als Industriedesigner bei Agenturen und Thinktanks legte Baumgartner den Fokus auf Nachhaltigkeit. «Wenn es um erneuerbare Energien geht, sind die IWB schweizweit Vorbild, das passt zu meinen Überzeugungen», sagt der 39-Jährige. 2014 fing er im Innovationsmanagement an und stiess auf den schon existierenden digitalen Energieberater «Basil», welcher der Kundschaft Stromspartipps gab. Rückmeldungen zeigten aber, dass «Basil» zu wenig weit geht: «Viele Kundinnen und Kunden möchten ihre Auswirkungen auf die Umwelt generell möglichst gering halten. Und das geht deutlich über den Bereich Strom hinaus. Es bringt dem Klima mehr, den CO2-Ausstoss zu reduzieren, als ein paar Kilowattstunden Strom einzusparen», sagt Baumgartner – und nennt ein ebenso anschauliches wie eindrückliches Beispiel: «Eine Sekunde warm duschen mit Wasser, das mit Erdgas erhitzt wurde, verursacht etwa so viel CO2, wie wenn man alle Lampen der Wohnung von früh bis spät brennen lässt.»

Energiesparen soll Freude machen: «Enerjoy», so nennt sich der digitale CO2-Fussabdruck-Coach der IWB.
Baumgartner und sein Teamkollege Christoph Häner trieben die Entwicklung der App «Enerjoy» ab 2017 voran, unterstützt von einem kleinen Team aus externen Mitarbeitern. 2020 war die App schliesslich da – und traf den Zeitgeist: Die «Klimajugend» ging auf die Strasse und weltweit schrieben sich die Regierungen die CO2-Reduktion auf die politische Fahne. «Als wir die Idee zur App hatten, war die Bedeutung der CO2-Emission für das Klima in der Öffentlichkeit noch nicht so präsent», erinnert sich Baumgartner. Innerhalb weniger Jahre sei dazu ein richtiger Hype entstanden.
Aktuell verzeichnet die App schweizweit 13’000 registrierte Nutzerinnen und Nutzer, davon sind rund 1000 sehr aktiv. Vor allem Menschen zwischen 25 und 55 in den urbanen Zentren Basel, Bern und Zürich wenden den Fussabdruck-Coach an. Mit der Arbeit an der App hat auch der Produktentwickler sein eigenes Verhalten hinterfragt: «Als ich zum ersten Mal meinen Fussabdruck berechnete, wurde mir schon ein wenig mulmig», gibt er zu. «Ich gehöre zur Easy-Jet-Generation und bin früher relativ viel geflogen.» Vor vier Jahren haben er und seine Familie sich aber ein Flugverbot auferlegt, ist in ein Haus mit Wärmepumpe umgezogen und isst seither weniger Fleisch. Zudem kompensiert er die CO2-Emissionen der ganzen Familie.
Die noch junge App wird laufend erweitert. So sind mit dem letzten Update die Bereiche Mobilität und Ernährung stärker gewichtet. Neue Gruppenfunktionen und Challenges sollen das Tool spielerischer machen: «Die Kernfunktionen sind vorhanden, jetzt wollen wir den Spassfaktor erhöhen», sagt Baumgartner. Schliesslich heisst die App ja nicht umsonst «Enerjoy.»