- Text: Nicole Schwarz
- Fotos: z.V.g. Desert Tree
Kurzprofil
Verein Desert Tree, Basel
www.desert-tree.ch
Natur erlebbar machen
Khalil Belaid steht kurz vor dem Abschluss seines Studiums in Geowissenschaften. Wir treffen uns in der Nähe der Universitätsbibliothek, im Botanischen Garten, wo Khalil Belaid im Rahmen der Grünen Schule Gruppen von Schülerinnen und Schülern durch die Gewächshäuser und die Gartenanlage führt. Jetzt, im Juni, steht dort vieles in voller Blüte und hat es leicht, die Aufmerksamkeit der Besucherinnen und Besucher auf sich zu ziehen. Khalil Belaid ist es wichtig, Menschen jeden Alters an die Natur, an die Pflanzen und Tiere heranzuführen. Naturerlebnisse zu vermitteln, darum geht es auch im Projekt Generationengarten, bei dem er aktiv dabei ist. Den grössten Teil seiner Freizeit und seiner Ideen steckt er aber in den Verein Desert Tree.
Desert Tree setzt lebendige Zeichen gegen die Ver-Wüstung, die Desertifikation. In vielen Weltgegenden wurden bereits vor vielen Tausend Jahren ganze Landstriche Wald gerodet. Das Holz wurde für militärische und kommerzielle Zwecke genutzt. Bis heute leiden diese Länder unter dem Kahlschlag. Im Mittelmeerraum sind viele Nationen betroffen. Besonders in den nordafrikanischen Ländern trotzt die Wüste den bewohnbaren Gebieten jedes Jahr mehrere Meter Land ab – der Klimawandel hat diesen Effekt in den vergangen Jahren zusätzlich beschleunigt.
Stand an den Umwelttagen
Bereits als Schüler pflanzte Khalil Belaid Bäume – in Algerien, wo er den ersten Teil seiner Schulzeit verbracht hatte. Das war gut, aber es sollte aus dieser Aufforstungsarbeit mehr entstehen, das wurde ihm bald klar. Heute sind es mehr als 300 Bäume, die auf einem Landstück in Algerien wachsen, welches ihm dank guter Kontakte für sein Aufforstungsprojekt zur Verfügung steht. Die Bäume machen bereits ein stattliches Wäldchen her. Die regelmässige Pflege vor Ort hat Khalil genauso sichergestellt wie die Finanzierung dieses langfristigen Vorhabens in der Schweiz: Khalil Belaid zieht bei sich daheim Zimmerpflanzen, eher seltenere, attraktive Sorten wie Tabak-, Chili- und Avocado-Setzlinge, und verkauft diese für fünf Franken das Stück bei verschiedenen Gelegenheiten, zuletzt an den Umwelttagen Basel 2015 auf dem Vogesenplatz. Mit dem Erlös finanziert Khalil Belaid die Anpflanzung und Pflege von Bäumen in Algerien. Am liebsten lässt er die Käuferinnen und Käufer von Zimmerpflanzen das junge Grün selbst in einen passenden Topf pflanzen. Damit eine Beziehung entsteht. Denn die Idee von Desert Tree ist die, Käuferinnen und Käufer nicht einfach fünf Franken an einen Baum in Algerien zahlen zu lassen, sondern hier Verantwortung zu übernehmen – für etwas Lebendes, Pflegebedürftiges, eine Pflanze, ihre eigene Zimmerpflanze.
Gemeinsam mit ein paar Freunden gründete Khalil Belaid im Jahr 2014 den Verein Desert Tree, um seiner Idee einen klaren Rahmen zu geben: „Wir haben jeden Schritt genau durchdacht. Desert Tree soll ein konsequent nachhaltiges Projekt sein.“ So sind etwa die Töpfe, in die die Pflanzen gesetzt werden, Recycling-Töpfe. Die Erde ist frei von Torf. Der Server der Website wird mit Solarstrom versorgt. Die Bäume, die in Algerien und inzwischen auch in Tadschikistan angepflanzt werden, sind einheimische Sorten. In Algerien sind es Atlaszedern. Die haben die Chance 1000 Jahre alt zu werden. „Eine wunderbare Vorstellung“, sagt Khalil, „dass die Bäume, die ich gepflanzt habe, auch in 1000 Jahren noch leben werden.“
Das Aufforstungsprojekt will dem Verjüngungsprozess, der am Rand der Wüste auf natürliche Weise nicht mehr funktioniert, auf die Sprünge helfen. Die Idee des Verjüngens brachte Desert Tree zu einem weiteren Tätigkeitsfeld, dem Schutz und Erhalt von Bienen. Auch hier sind es die persönlichen Kontakte, die zur Projektumsetzung beitragen. In Algerien ist es Khalil Belaids eigenes Netzwerk, welches die Zusammenarbeit mit lokalen Imkern ermöglichte. In Bosnien, wo Desert Tree ebenfalls neue Bienenstöcke aufstellen konnte, ist es der Onkel eines Freundes, der die Umsetzung und Pflege des Projekts vor Ort sicherstellen kann. Wegen der Pflanzenbestäubung sind Bienen wichtige „Dienstleisterinnen“ im Verjüngungsprozess der Natur. Krankheiten und Umwelteinflüsse bringen die Bienen immer mehr in Gefahr. Die Sensibilisierung für dieses Thema treibt Desert Tree unter anderem gemeinsam mit Bio Terra voran, mit Workshops zum Wildbienenhausbau für Kinder und Familien.
Aufforstung in Algerien
Die Mitglieder des Vereins Desert Tree sind in ganz unterschiedlichen Bereichen tätig. Zum Teil studieren sie noch wie Khalil Belaid, aber andere Fächer. Jede und jeder bereichert mit seiner Idee und ihrem Können den Verein. „In unseren Statuten steht, dass jedes Mitglied pro Jahr ein Biotop schaffen soll“, sagt Khalil Belaid, „damit sich der Verein durch die aktiven Beiträge der Mitglieder weiterentwickelt.“ Zu den möglichen Biotopen zählen übrigens nicht nur solche zu Pflanzen und Tieren, sondern auch soziale und kulturelle Projekte. Zum Beispiel veranstaltete Desert Tree am Tag der Poesie, dem Poetry Day, einen Poetree Day und verband das Lesen von Gedichten mit dem Setzen und Verkaufen von Zimmerpflanzen. In anderem Zusammenhang unterstützte Desert Tree das Begrünen einer Dachterrasse und das Setzen von Heckenpflanzen in der Naturstation Silberweide am Greifensee.
Khalil Belaid ist es wichtig, Problembewusstsein zu schaffen und gleichzeitig dazu zu animieren, selbst etwas zu tun. „Bei dem, was wir tun, geht es auch darum, ein konkretes Angebot zu machen, damit man Verantwortung übernehmen und richtig handeln kann“, sagt Khalil Belaid. Die jungen Leute, Kinder und Jugendliche, mit denen er zu tun hat, schätzt er als sehr sensibilisiert ein. „Mehr als man denkt“, betont er. Das stimmt optimistisch. Gleichzeitig ist sich Khalil Belaid der Grenzen seines Tuns bewusst. „Natürlich weiss ich, dass unsere Aktivitäten ein Tropfen auf den heissen Stein sind.“ Was die Aktivitäten wichtig und richtig macht, sind nicht zuletzt die Beziehungen, die daraus entstehen. Manchmal melden sich frühere Pflanzenkäuferinnen oder -käufer bei Khalil Belahid und berichten ihm, wie es der Zimmerpflanze geht. Spätestens dann ist sicher, dass die Idee von Desert Tree längst gute Wurzeln geschlagen hat.
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