- Text: Béatrice Koch
- Fotos: Béatrice Koch / Mobilitätsakademie
Kurzprofil
Carvelo2go
c/o Mobilitätsakademi
Maulbeerstrasse 10
3001 Bern
www.carvelo2go.ch
Carvelo-Standorte in Basel
Erwähnter Host im Text: CO13, Veloladen, Hegenheimerstrasse 61, 4055 Basel
Der erste Schnee dieses Winters fällt in dicken Flocken vom trüben Himmel, die Strassen sind glatt, die Temperaturen liegen nur knapp über dem Gefrierpunkt. Bei diesem Wetter ist selbst ein geübter Velofahrer wie Frieder Tschopp lieber zu Fuss unterwegs. Fürs Foto setzt er sich jedoch vor dem Velogeschäft CO13 kurz auf den Sattel des mit dem Logo von Carvelo2go beschrifteten Cargobikes. Die Werkstatt an der Hegenheimerstrasse ist einer von aktuell 24 «Hosts», die in der Stadt Basel via die Sharing-Plattform Carvelo2go privaten Nutzerinnen und Nutzern elektrische Lastenvelos zur Verfügung stellen. Die Hosts – kleinere Quartierbetriebe wie Cafés, Bäckereien oder eben Velowerkstätten – verwalten den Schlüssel und laden den Akku auf. Im Gegenzug dürfen sie das Elektro-Cargobike kostenfrei für den eigenen Betrieb nutzen.
Auch Grosseinkäufe lassen sich mit dem Lastenvelo bequem erledigen.
Frieder Tschopp hat das Angebot während eines guten Jahrs intensiv in Anspruch genommen. Der 49-Jährige und seine Frau verzichten bewusst auf ein eigenes Auto; wenn sie eines brauchen, leihen sie dieses über Mobility aus. Das komme jedoch nur selten vor, sagt Tschopp – nicht zuletzt deshalb, weil es mit vier Kindern schwierig sei, ein Auto mit genügend Platz für alle aufzutreiben. «Familienausflüge haben wir schon immer mit dem Velo oder dem ÖV unternommen.» Ein Elektrobike hingegen leisteten sich die Tschopps bereits vor rund 15 Jahren – also noch bevor der Trend einsetzte. Kinder und Einkäufe packten sie damals kurzerhand in einen Anhänger. Doch dann wurde ihr Elektrobike gestohlen. Da ihre älteren Kinder mittlerweile ziemlich selbstständig unterwegs waren, überlegte sich die Familie, fortan auf ein elektrisches Velo zu verzichten. Etwa zur selben Zeit expandierte Carvelo2go nach Basel; der Verleih von E-Cargobikes ist seit Frühling 2016 in der Stadt präsent. «Auf das Angebot wurde ich ganz klassisch über einen Gutschein aufmerksam und probierte es einfach aus», erklärt Frieder Tschopp.
Im Frühling 2016 wurde die Sharing-Plattform Carvelo2go in Basel lanciert. Heute gibt es in Basel an 24 Standorten E-Cargobikes.
Das elektrische Lastenvelo hat viele Vorteile: Es eignet sich für den Transport von Kindern und Waren, schont die Umwelt, benötigt wenig Platz im Stadtverkehr und fördert erst noch die Fitness. Und dank dem Motor lassen sich längere Strecken als mit einem normalen Velo zurücklegen. Doch ist die Anschaffung eines Cargobikes alles andere als billig: Ein hochwertiges Modell kostet rasch einmal 5000 Franken. Wer ein derartiges Fahrzeug nur sporadisch nutzt, beispielsweise für den wöchentlichen Grosseinkauf oder um mit den Kindern einen Ausflug in die Badi zu machen, ist deshalb mit einem Sharing-Angebot gut bedient. Ein zusätzliches Plus: Wer Carvelo2go nutzt, muss sich nicht selbst um den Unterhalt des Zweirads kümmern. Und dieser sei nicht zu unterschätzen, warnt Tschopp. Denn bei einem E-Bike wirken grössere Kräfte als bei einem motorlosen Fahrrad. Dadurch nutzen sich Teile wie Bremse oder Kette rascher ab. Hinzu kommen allfällige Defekte an den elektrischen Bauteilen. «Ein elektrisches Cargobike sollte man wie ein Auto einmal im Jahr zum Service bringen», rät Tschopp.
Mit dem elektrischen Lastenvelo geht der Kindertransport ruckzuck.
Zunächst habe er das E-Cargobike nur selten genutzt, etwa um Material für seine Imkerei zu transportieren. Solches benötigt er für sein Bienenvolk, um das er sich in einem gemeinsam mit Freunden gepachteten Obstgarten etwas ausserhalb der Stadt kümmert. Für Tschopp war es von Vorteil, dass er in seinem Wohnquartier gleich auf zwei Stützpunkte zurückgreifen konnte: Neben CO13 verleiht auch das Fahrradgeschäft Velove diverse Cargobikes. Speziell im Sommer waren diese jedoch öfters bereits vergeben. Als dann seine Frau eine neue Stelle antrat und ihren Arbeitsweg ebenfalls per Leihvelo zurücklegte, gelangten die beiden zur Einsicht, dass sich für sie die Sharing-Plattform finanziell nicht mehr rechnete. «Also haben wir ein eigenes Lastenvelo gekauft.» Im Fall der Familie Tschopp wurde das Verleihsystem das Opfer seines eigenen Erfolgs.
Weitere Porträts
Dominique Marx
Die Stiftung Sternenhof in Basel bietet ihren Bewohnenden neben spezialisierten Wohn- und Betreuungsformen auch Ausfahrten in der E-Rikscha an. So können sie entspannt die Natur geniessen und am Leben ausserhalb der Einrichtung teilhaben.
Eva, Ben, Günther, Bettina, Björn, Cyrill, Jenny
Mit Superblocks werden Quartiere nicht nur für die Bewohnerinnen und Bewohner lebenswerter. Die verkehrsberuhigten Strassen verbessern auch das Stadtklima. Eine Gruppe im St. Johanns-Quartier will das Konzept, das in Barcelona bereits Erfolg hat, auch in Basel umsetzen.
Martin Krumm, Lastwagenchauffeur
Martin Krumm ist Strassentransportfachmann EFZ aus Basel – er selbst sagt dazu «Lastwagenchauffeur». Das SVP-Mitglied ist im Schulrat der Primarschule Gotthelf und begeisterter Hobby-DJ und erzählt im Interview, was er von zu viel Konsum und Energieverschwendung hält und warum wir unsere Scheuklappen ablegen sollten.
Jérôme Thiriet, Unternehmer
Als Geschäftsführer der Basler Kurierzentrale trägt Jérôme Thiriet dazu bei, die urbane Logistik ins 21. Jahrhundert zu befördern. Als Grossrat der Grünen setzt er sich für ein umweltfreundlicheres Basel ein. Im Interview erzählt er, weshalb seiner Meinung nach die individuelle Verantwortungsübernahme zwar wichtig sei, den systemischen Wandel jedoch nicht ersetzen könne.
David Schweizer und Till Schaltegger
Das Basler Start-up Cheeky Campers von David Schweizer und Till Schaltegger will ökologisch und sozial möglichst nachhaltig handeln: Die Firma vermietet simpel ausgebaute Vans mit kleiner Küche und Bett. Die gebrauchten Kleintransporter werden mit wiederverwendeten Materialien ausgebaut.
Katrin Loder
Die Carbotech AG, eine Umweltberatungsfirma mit Sitz in Basel und Zürich, besitzt pro Standort nur ein eigenes Firmenauto. Für die übrigen Fahrten setzen die Mitarbeitenden auf Mobility Business. Das sei nicht nur ökologischer, sondern auch finanziell absolut rentabel, sagt Katrin Loder, bei Carbotech unter anderem zuständig für den Personalbereich.
Martin Heer
Der Pneu ist platt, die Bremsen quietschen und das Licht ist wieder mal k. o. Der Fahrradmechaniker Martin Heer zeigt in seinem Veloflickkurs, wie wir den Drahtesel in Eigenregie wieder auf Vordermann bringen.
Jérôme Thiriet
Als Velokurier trägt Jérôme Thiriet dazu bei, die Stadt Basel ein Stück leiser und sicherer zu machen. Als CEO der Kurierzentrale und für die Grünen im Grossen Rat setzt er sich für ein umweltfreundlicheres Basel ein.
Stephanie Fuchs
Stephanie Fuchs engagiert sich für eine klimakühlende Verkehrspolitik – mit Fachwissen und ohne Angst vor herrschenden Machtverhältnissen.
Wendel Hilti
Das Verlangen nach einer fast grenzenlosen Mobilität steigt. Menschen wollen immer mehr und überall mobil sein. Doch wie löst man dieses Bedürfnis, wenn der Verkehr bereits ausgelastet ist und Parklücken schwer zu finden sind? Ohne eigenes Auto lässt es sich leichter leben, findet Wendel Hilti. Denn Autoteilen schont die Umwelt und reduziert den Verkehr.
Roland Chrétien
Damit Strassen in Basel-Stadt und Basel-Landschaft im Alltag velofreundlich sind und bleiben, denkt «Pro Velo beider Basel» gleich von Anfang an mit. So wird Pro Velo bereits einbezogen, wenn sich eine Baustelle ankündigt, eine Strasse geplant wird oder Areale neu entstehen. Pro Velo bringt Kindern und Erwachsenen das Velofahren bei und organisiert seit vielen Jahren […]
Andreas Stäheli, Bruno Jagher
Wir Zweibeiner sind primär Fussgänger. Damit das nicht vergessen geht, setzen sich Andreas Stäheli und Bruno Jagher vom Verband Fussverkehr Region Basel engagiert für die Rechte der Fussgängerinnen und Fussgänger und eine fussgängerfreundliche Verkehrspolitik ein.
Beat von Scarpatetti
Beat von Scarpatetti ist sich sicher: Der Klimawandel ist auch ein Kulturwandel. So sind vor allem die Kulturwissenschaften in der Pflicht, Position zu beziehen und den Klimawandel zu bekämpfen. Er selber macht den ökologischen Unsinn einfach nicht mit – und fährt zum Auftritt seines Orchesters mit Bahn und Schiff nach Griechenland.