- Interview: Yvonne Kiefer-Glomme
- Fotos: Öpfelchasper, allink AG
Kurzprofil
Öpfelchasper GmbH
Hardturmstrasse 171
8005 Zürich
Schon frühmorgens um 4.30 Uhr ist Alessandra Schmid, die Leiterin des Basler Standorts des «Öpfelchaspers» an der Centralbahnstrasse 10, auf den Beinen und prüft die Qualität der ankommenden Äpfel, Bananen, Zwetschgen und Kiwis. Eine Stunde später treffen die sieben Velokuriere ein. Sie machen sich daran, pro Liefertag bis zu 800 Kilogramm knackiges Obst und Gemüse, Trockenfrüchte, Nüsse sowie seit Kurzem auch frische Eier und Brötchen in wiederverwendbare Weidekörbe zu verpacken. Danach erhält jede und jeder von ihnen einen Routenplan. Pünktlich um 8 Uhr muss der erste Früchtekorb bei der Kundschaft eintreffen, der letzte bis spätestens 12 Uhr. Deponiert wird die Ware nach Absprache im Milchkasten oder bei Firmenkunden auch direkt im Pausenraum.

Geschäftsleitungsteam (Foto: allink AG)
Die Geschichte des Schweizer Bio-Kurierpioniers begann vor 13 Jahren (2007). Nach dreijähriger Tätigkeit für eine Schweizer Grossbank beschloss der studierte Psychologe Armin Heyer, sich selbstständig zu machen. Zusammen mit seinem Freund Dominik Hungerbühler heckte der Zürcher mit Baselbieter Wurzeln die Idee für den «Öpfelchasper» aus. «Wir wollten etwas machen, bei dem wir mit Leidenschaft dabei sind, wenig Startkapital benötigen und andere motivieren können mitzuarbeiten», erzählt der heute 43-Jährige. Sein Geschäftspartner war damals bereits Inhaber eines Bioladens in Zürich-Wipkingen. «Am Anfang bestellte Dominik einfach für den Samstag etwas mehr Früchte in seinen Laden und am Sonntag packten wir dann gemeinsam die Abo-Körbe. Den Transport übernahmen zunächst Beschäftigte des Züriwerks, eines Sozialunternehmens für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung.» Damals war der Öpfelchasper der einzige Bio-Lieferservice in der Schweiz und zugleich der erste Kurier, der für das Ausliefern grosser Warenmengen auf das Velo mit Anhänger setzte, so Heyer. «Manche Firmen konnten sich zunächst gar nicht vorstellen, dass wir sie ausschliesslich mit dem Fahrrad beliefern wollten.»
Zu Beginn investierte Armin Heyer einen Tag pro Woche in die neue Unternehmung. Heute arbeitet er zu 60 Prozent als dessen Geschäftsleiter. Die übrige Zeit nutzt er für die Betreuung seines siebenjährigen Sohns. «Durch mein beschränktes Pensum muss ich unseren Mitarbeitenden vertrauen und viel Freiraum einräumen. Es ist toll zu sehen, wie gut sie ihre Aufgabe meistern.» Mittlerweile besteht das Team aus 65 Teilzeitmitarbeitenden, die sich auf die vier Standorte Basel, Bern, Winterthur und Zürich verteilen. Zweimal die Woche treffen sich alle Kolleginnen und Kollegen eines Standorts zum gemeinsamen Zmorge und Zmittag.

Kuriere beim Körbepacken (Foto: allink AG)
Bisher bestand die Kundschaft des Öpfelchaspers zu 80 Prozent aus Firmen und zu 20 Prozent aus Privatpersonen. Durch die Corona-Pandemie haben sich die Verhältnisse nahezu umgekehrt. Allein in Basel werden wöchentlich 200 Körbe ausgeliefert. «Unsere Vision ist es, dass auch Kundinnen und Kunden, die sonst keine Bio-Lebensmittel kaufen und denen Nachhaltigkeit bisher nicht so wichtig war, unseren Früchtekorb im Büro kennenlernen und sich dadurch für Bio-Produkte begeistern», sagt Heyer. So könne man sie inspirieren, bewusster einzukaufen. Öpfelchasper liefert nur Bio-Produkte aus, die das Demeter-Logo, die Knospe oder das EU-Bio-Siegel tragen. Zudem ist das Unternehmen selbst Bio-zertifiziert. «Wir arbeiten komplett CO2-neutral: Sämtliches Kohlendioxid, das beim Transport unserer Produkte, beim Heizen der Packräume oder bei der Produktion von Werbemitteln entsteht, kompensieren wir via myclimate.» Zur Firmenphilosophie gehört auch, dass keine E-Bikes eingesetzt werden, sondern einzig Muskelkraft. «Wir möchten dazu beitragen, dass das Velo als Transportmittel in der Stadt ernst genommen wird. Durch unsere Kurierinnen und Kuriere sind wir zudem schneller als ein Lieferwagen, der im Stau stecken bleiben kann», so Heyer. «Wir möchten nicht missionieren, aber zeigen, dass der Verzehr von Bio-Produkten Freude macht. Denn langfristig kann man Menschen nur für eine nachhaltigere Lebensweise begeistern, wenn man ihre Motivation dafür stärkt», resümiert Heyer – und lässt für einen Augenblick den Psychologen zum Vorschein kommen.
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