Von aussen deutet nichts darauf hin, dass im unscheinbaren Wohnblock an der Gassstrasse im Basler St. Johann-Quartier an der Zukunft der Nahrungsmittelproduktion getüftelt wird. Im Keller des Hauses hat das Start-up-Unternehmen Stadtpilze seine erste Produktionsanlage eingerichtet. Hier werden Speisepilze quasi am Fliessband gezüchtet – völlig nachhaltig. Pilze sind gross im Kommen. Bei Vegetariern und Veganern sind sie als Fleischersatz beliebt und gesundheitsbewusste Foodies haben längst erkannt, dass sie nahrhafte Vitamin-D-Lieferanten sind. Spitzenköche schätzen derweil ihr Aroma. Nur: Die Pilzzucht steckt hierzulande noch in den Kinderschuhen, während sie im asiatischen Raum längst ein Massengeschäft ist.
Basler Gastronomen wollen Basler Pilze
Die Pilze – Pleurotus, zu Deutsch Seitlinge – werden hier auf Kaffeesatz gezüchtet. Die drei Jungunternehmer Armin Sirch, Matthias Nebel und David Jucker sind in der Schweiz die ersten, die diese Methode professionalisieren und daraus ein skalierbares Geschäft machen. Seit beinahe zwei Jahren wird getüftelt, jetzt bringen sie es unter dem Namen Stadtpilze zur Martktreife. Mittels Crowdfunding wollen sie jetzt noch die letzten benötigten Mittel für die Zuchtanlage sammeln. 45’000 Franken fehlen noch, 30000 Franken haben sie bereits selbst investiert. Um Kundschaft braucht sich das Start-up nicht zu sorgen. In der Gastronomie ist das Interesse gross. „Wir haben schon tolle Rückmeldungen von Köchen bekommen“, sagt Matthias Nebel. Das Start-up kann, was kaum ein Grosshändler leistet: Täglich frische Pilze liefern. Daneben setzen die Stadtpilze auf Direktvertrieb und wollen auch an Wochenmärkten präsent sein.
Den Kaffeesatz liefert eine Barista
Ausgefahren wird mit dem Cargo-Bike. Nachhaltigkeit ist den Unternehmern wichtig. „Unser Ziel ist zero waste“, sagt Sirch. Deshalb auch die Zucht auf Kaffeesatz. Diesen erhalten sie nebst anderen von der Basler Barista Sylvia Vonlanthen, deren junges Kaffee-Unternehmen massig Satz produziert. Wenn die Produktionsanlage fertig ist, werden die Stadtpilze eine Menge davon brauchen. Das Produktionsziel sind vorderhand 400 Kilo frischer Seitling pro Monat.
Pilz-Züchter aus Leidenschaft
Angefangen haben die Stadtpilze vor knapp zwei Jahren. Der Anstoss kam vom Urban Agriculture Netzwerk Basel: „Die wollten so ein Pilz-Ding hier aufziehen und haben mich angesprochen“, erzählt Armin Sirch. Der 40-Jährige ist nicht nur der älteste im Bund, sondern auch der geistige Vater der Stadtpilze. Der Biotechnologe kannte das Zuchtverfahren auf Kaffeesatzbasis aus Holland. Seit 17 Jahren interessiert er sich leidenschaftlich für Pilze. „Das sind faszinierende Organismen. Die Idee, darauf eine Selbständigkeit zu begründen, hatte ich schon länger.“
Beflügelndes frühes Erfolgserlebnis
Mit seinen Mitstreitern David und Matthias begann die Idee dann zu reifen. Im Dezember 2016 kam das erste Erfolgserlebnis. Sie gewannen den Innovationswettbewerb, den die Basler Zünfte und Ehrengesellschaften erstmals ausrichteten. „Das war wie die gesellschaftliche Validierung unseres Projekts“, erklärt David Jucker. Die 5000 Franken Preisgeld waren zudem ein willkommener Finanzierungsanstoss. Im März dieses Jahres fanden sie im Untergeschoss der Wohnliegenschaft an der Gasstrasse endlich geeignete Räume und im Mai wurden die Stadtpilze als GmbH im Handelsregister eingetragen.
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